Stromsperre: Wenn bei Armut das Licht ausgeht
Sonntag, 26.11.2017
Wer seine Stromrechnung nicht bezahlen kann, dem droht im schlimmsten Fall eine Stromsperre. Allein 2016 haben Energieversorger 6,6 Mio. Mal mit diesem letzten Mittel gedroht, bei 330.000 Haushalten wurde der Strom tatsächlich abgestellt.
Stromsperren sind nach Zeitungsangaben "als letztes Mittel der Versorger bei Zahlungsrückständen von mindestens 100 Euro, mehreren Mahnungen und einer Sperr-Androhung mit letzter Zahlungsfrist möglich. Betroffen sind in erster Linie Menschen, die ohnehin nicht viel Geld haben – seien es Geringverdiener oder Empfänger von ALG II-Leistungen ("Hartz 4"). In ihren Haushalten stehen oft noch veraltete Elektrogeräte, die viel Strom verbrauchen. Neue, sparsame Modelle können sie sich nicht leisten. Hinzu kommt, dass die in den Hartz-4-Regelsätzen enthaltenen Beträge für die Energieversorgung zu niedrig sind und mit den steigenden Strompreisen nicht mithalten.
Auch ein Umzug kann unter Umständen zu Stromschulden führen, sagt der Geschäftsführer der Diakonie Bonn, Ulrich Hamacher: "Die monatlichen Abschläge berechnen sich aus früheren Verbräuchen. Und wenn zum Beispiel die Wohnung an Leute vermietet worden ist, die möglicherweise mit mehr Personen dort drin leben als die Vorgänger, dann wird ein Jahr lang viel zu wenig Geld für den Strom monatlich gezahlt und am Ende des Jahres kommt die dicke Endabrechnung."
In Bonn haben Diakonie, Caritas und weitere Wohlfahrtsverbände eine Vereinbarung mit den örtlichen Stadtwerken getroffen. Wenn sich in ihren Beratungsstellen Menschen melden, denen eine Stromsperre droht, können die Wohlfahrtsverbände Kontakt zu den Stadtwerken aufnehmen, um gemeinsam nach einer Lösung für den säumigen Kunden zu suchen. In der Regel wird dabei eine Ratenzahlung vereinbart. Hamacher wünscht sich, "dass alle Stromanbieter im Lande mit ihren jeweiligen Wohlfahrtsverbänden vor Ort derartige Vereinbarungen schließen."
Das allein – so der Diakoniegeschäftsführer – werde künftige Stromschulden aber nicht verhindern können. So müssten etwa ALG II-Bezieher die geschuldeten Raten von ihren Hartz-4-Bezügen bezahlen. Das Geld fehle dann an anderer Stelle. Die Diakonie fordere deshalb bundesweit die Erhöhung der Hartz-IV-Sätze - auch wegen der gestiegenen Stromkosten, sagt Hamacher: "Eine Größenordnung von 20 Euro mehr wegen der Energiekosten wäre schon dran."
Die Caritas bietet in Zusammenarbeit mit dem Bundesumweltministerium, der Nationalen Klimaschutzinitiative und dem Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands einen Stromspar-Check an. Nach Angaben der Caritas kommen "an mittlerweile rund 190 Standorten ausgebildete Stromsparhelfer in die Haushalte. Diese machen zunächst einen Stromspar-Check. Dabei messen sie die Verbrauchswerte von Waschmaschinen, Elektroherden, Kühlschränken, Lampen, Computern, Warmwasserbereitern oder Fernsehgeräten. Danach geben sie qualifizierte Tipps, wie sich der Verbrauch mit einfachen Mitteln senken lässt. Doch dabei bleibt es nicht. Die Stromsparhelfer bauen kostenlos Energiesparlampen, Wasserperlatoren und Wassersparduschköpfe, TV-Abschalter oder schaltbare Steckerleisten ein und leisten so Hilfe zur Selbsthilfe. Am Ende sollen die einkommensschwachen Haushalte dadurch rund 20 Prozent der Stromkosten einsparen und dementsprechend weniger CO2 verbrauchen. Mehr als 210.000 Haushalte mit geringem Einkommen haben zwischen 2009 und 2015 am Stromspar-Check teilgenommen und dabei ihre Energiekosten um durchschnittlich 156 Euro pro Jahr reduziert."
Eine Karte mit allen Stromspar-Check-Standorten und einer Suchfunktion nach Postleitzahl gibt es unter http://www.stromspar-check.de/standorte/standorte-karte.html