Trotz Taliban: Johanniter helfen in Afghanistan

von Siegfried Krückeberg & Manfred Rütten

Sonntag, 03.10.2021

Frauen mit afghanischen Fahnen demonstrieren
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Frauenprotest in London gegen das Taliban-Regime in Afghanistan (Foto: Ehimetalor Akhere Unuabona on unsplash)

Mit einer Luftbrücke ist es den USA und anderen NATO-Staaten gelungen, bis zum 31. August 2021 rund 100.000 Menschen aus Afghanistan zu evakuieren. Viele Tausend mehr schafften es nicht zum Flughafen in Kabul, andere blieben freiwillig im Land.

Als letztes verließ eine Maschine der US Airforce am 30. August um kurz vor Mitternacht den Flugplatz der afghanischen Hauptstadt, der wenige Stunden später von Einheiten der Taliban übernommen wurde. Die radikal-islamistischen „Gotteskrieger“ haben seitdem wieder die Kontrolle über das gesamte Land. Trotz ihrer gegenteiligen Beteuerungen mehren sich inzwischen Berichte, wonach die Taliban elementare Menschenrechte und insbesondere Rechte von Frauen missachten. So wurden etwa bei dem Aufruf an Lehrer und Schüler, wieder in die Schulen zurückzukehren, weibliche Lehrkräfte und Schülerinnen nicht erwähnt bzw. bewusst ausgeschlossen. Ein niederländischer TV-Sender berichtete Anfang Oktober, die Taliban würden Ex-Ortskräfte in Afghanistan zu Schauprozessen vorladen.

Trotz dieser extrem unsicheren Lage sind verschiedene internationale Hilfsorganisation weiterhin in Afghanistan unterwegs und tätig. Unter ihnen ist auch die evangelische Johanniter Auslandshilfe. Eigenen Angaben zufolge hat die Organisation seit 2001 ein Büro in Kabul unterhalten. In den letzten Jahren lag der Schwerpunkt der Arbeit auf der Verbesserung der Mutter-Kind-Gesundheit, der Traumabewältigung und der basismedizinischen Versorgung der Bevölkerung, intern Vertriebener und Flüchtlinge. Im Zuge der jüngsten Machtübernahme der Taliban haben alle international Mitarbeitenden das Land verlassen.

Rik Vaassen von der Johanniter Auslandshilfe hält von Deutschland aus aber immer noch den Kontakt zu den aktuell noch 30 nationalen Mitarbeitenden: „Wir haben zum Beispiel jetzt noch ein Projekt in Kabul, betreiben unterschiedliche feste Kliniken und auch mobile Kliniken, besonders gerichtet auf die Binnenvertriebenen. Wir haben zum Beispiel einen Bus mit einem Arzt und Krankenschwester, psycho-soziale Berater oder Beraterinnen, die in die Camps fahren und dort entweder vom Auto aus oder unterm Baum oder im Haus eines Einheimischen die Leute versorgen.“

Ob und wie lange diese vor allem medizinische Hilfe weiter geleistet werden kann und ob möglicherweise auch andere Hilfsangebote wieder fortgeführt werden können, muss abgewartet werden. Auf der Internetseite der Johanniter heißt es dazu: „Bereits vor der Machtübernahme haben wir in einigen Regionen mit den Taliban über unsere Arbeit verhandelt und auch jetzt führen wir Gespräche über die Weiterführung unserer Aktivitäten. Bisher wurden wir bei der Umsetzung nicht beeinträchtigt, sondern gebeten, die wichtige Arbeit fortzusetzen. In den Gesprächen und Verhandlungen machen wir deutlich, dass wir für unsere Arbeit Richtlinien und Werte haben, an die wir uns halten. Das wurde bislang akzeptiert.“

Mehr über die Gründung, Geschichte und Zielsetzung der Johanniter gibt es unter https://www.johanniter.de/ueber-uns/

Sonntag, 03.10.2021