Über Grenzen hinweg: Liebe in Zeiten von Corona
Sonntag, 28.06.2020
Der Corona-Lockdown mit Ausgangssperren, Grenzschließungen und Kontaktverboten hat nicht nur die Wirtschaft auf eine harte Probe gestellt. Auch Liebespaare, die eine Fernbeziehung führen, hatten zu leiden. Wochenlang konnten sie sich nicht besuchen.
Zwischen Anna, die in Münster studiert, und ihrem Freund Romu, der im belgischen Gent lebt, liegen nur ein paar Stunden Zugfahrt. Eigentlich kein Problem. Doch als Corona kam, wurden die beiden kalt erwischt. Anna war gerade in Gent, erinnert sie sich: „Also das war ganz plötzlich auch, als dann entschieden wurde, dass am nächsten Tag der Lockdown beginnt, und dann war erstmal auch nicht klar, wann wir uns das nächste Mal sehen können. Ob ich überhaupt nochmal einreisen kann oder er ausreisen kann. Von belgischer Seite aus war das eigentlich deutlich strikter geregelt als in Deutschland.“
An verwirrende Zustände aufgrund der unterschiedlichen Regelungen in den europäischen Ländern erinnert sich auch Hannes aus Münster. Seine Freundin lebt in Utrecht. „Theoretisch konnte man weiter in die Niederlande ausreisen. Allerdings konnte meine Freundin mich nicht besuchen, weil man von den Niederlanden aus nicht ohne Quarantäne nach Deutschland einreisen durfte. Und dann war da noch das moralische Dilemma, dass man nicht genau wusste: Wie ist das jetzt? In den Zug zu steigen, nach Holland zu fahren, um seine Freundin zu sehen - ist das gerechtfertigt? Gerade wenn man überlegt, dass andere Menschen ja doch sehr viel mehr verzichten müssen.“
Mit stundenlangen Telefonaten und täglichen Videochats haben die beiden Paare während des wochenlangen Shutdowns ihre Fernbeziehungen so gut es ging weitergeführt. Rückblickend sagt Anna: „Das schwierigste war für mich persönlich diese Ungewissheit - nicht zu wissen, wann man sich wiedersieht und wie das möglich ist. Das hat mich persönlich sehr gestresst. Hätte man mir am Anfang gesagt: vier Wochen oder sechs Wochen und dann ist es wieder möglich, dann kann ich persönlich damit viel besser umgehen. Und diese Ungewissheit auch gerade auf politischer Ebene, wie das geregelt wurde: Dass da zum Beispiel innereuropäisch keine Aussagen getroffen wurden, dass man eben nicht wusste, wann das möglich sein wird. Und ob man irgendwie gestoppt wird oder Strafen zahlen muss oder so - das war blöd“.
Ganz ähnlich hat auch Hannes die Zeit der „Zwangstrennung“ von seiner Freundin erlebt: „Das schlimmste war am Anfang und auch mitten drin noch die Unklarheit. Dass man halt nicht genau wusste, wie verändert es sich. Es war immer unklar, wird die Grenze zu den Niederlanden auch noch geschlossen? Es gab ja eine Empfehlung von der Bundesregierung, dass man alle Grenzen schließen sollte, das wurde dann in NRW nicht umgesetzt, aber das wusste man zum Beispiel nicht.“
Wie ein hochbetagtes verliebtes Paar mit den Grenzschließungen während der Corona-Krise umging, zeigt ein Video der Satiresendung „Extra3“: Der Nordfriese Karsten Tychsen Hansen (89) und seine Freundin Inga aus Dänemark trafen sich täglich an der deutsch-dänischen Grenze, bauten dort ihre Klappstühle auf, klönten und tranken Tee miteinander. Acht Wochen hielten die beiden durch – vom 14. März bis zum 14. Mai 2020.