Väter-Rollen: Wann ist der Mann ein Mann?
Sonntag, 28.10.2018
"Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr." Auch Männer haben mit der Doppelbelastung durch Beruf und Familie zu kämpfen. Denn mit der Rolle als Vater sind sowohl eigene, als auch zahlreiche Erwartungen von außen verknüpft.
Holger Berendt hat früh Verantwortung für einen anderen Menschen übernommen. Viele Jahre kümmerte er sich um seinen gebrechlichen Vater. Bis seine Rolle als Sohn von einer anderen abgelöst wurde: "Vier Tage bevor meine Tochter geboren wurde, ist mein Vater gestorben, und das war so ein Neuanfang: Der eine geht, der andere kommt. Das war ein sehr intensives Gefühl", erinnert er sich.
Inzwischen ist seine Tochter sechs Jahre alt und Holger in seine Vater-Rolle hineingewachsen. Für ihn bedeutet das, ein gutes Vorbild zu sein, Verständnis und ein offenes Ohr für das Kind zu haben und die Ruhe zu bewahren, wenn seine Tochter mal aufdreht: "Da bin ich - glaube ich - schon gelassener als die Mutter."
Vater sein heißt heute: Freund und Spielkamerad sein, aber auch Erzieher. Aber das ist noch längst nicht alles, sagt Diakon Ralf Höffken von der Männerarbeit der evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW). Väter müssten heute viele verschiedene Erwartungen erfüllen: "Zum einen nach Möglichkeit für das Einkommen sorgen. Dann sind sie natürlich auch noch mal ein Vorbild für die Kinder, und auch die Frauen erwarten viel von dem Mann. Sie erwarten natürlich einen aufmerksamen Zuhörer, sie erwarten jemanden, der den Frauen mal die Kinder abnimmt, und sie erwarten trotzdem auch jemand, der Macher ist."
Das alles sorgt bei den Vätern für Druck, weiß Ralf Höffken. Aber sie könnten selbst etwas dagegen tun – zum Beispiel indem sie im Job kürzer treten. Der Vater von Holger Berendt hat noch Vollzeit gearbeitet – mit allen Konsequenzen. Holger und seine Frau haben sich für ein anderes Modell entschieden: "Mein Vater war nur am Wochenende oder nach Feierabend für mich da, (…) wir arbeiten jetzt beide Teilzeit, dass ich viel mehr Zeit mit dem Kind verbringe."
Eine aktuelle Studie des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen hat gezeigt: Männer, die mindestens zwei Monate Elternzeit in Anspruch genommen haben, helfen auch danach häufiger im Haushalt und verbringen mehr Zeit mit ihren Kindern. Offenbar – so die Wissenschaftler - führe die Erfahrung der Elternzeit zu einer Verhaltensänderung. Dass diese Veränderung so nachhaltig sei, habe die Forscher selber überrascht.
Ernährer, Erzieher, Ehepartner, Entlaster, Entscheider – die Rollenanforderungen an Väter sind vielfältig. Was, wenn die damit verbundenen Belastungen zu groß werden? Diakon Ralf Höffken von der Männerarbeit der EKvW rät betroffenen Vätern in dem Fall, "wirklich zu akzeptieren, dass sie nicht alles können. Dass es Grenzen der Belastbarkeit gibt, dass sie – auch gegenüber ihrer Partnerin - mit diesen Grenzen offen umgehen. Und dass sie möglicherweise Beratung suchen oder an einem Angebot der Vater-Kind Arbeit."