verwaiste Eltern: Zeit & Raum für Trauer finden
Sonntag, 02.11.2014
Dass Eltern vor ihren Kindern sterben, ist der Normalfall. Aber wenn es umgekehrt ist, wenn Eltern ihr eigenes Kind zu Grabe tragen müssen, dann ist das Leben auf den Kopf gestellt. Wie können Väter und Mütter mit so einem Verlust umgehen?
Außenstehende können sich in den Schmerz und die Trauer der betroffenen Eltern kaum hineinversetzen. Selbst Freunde sind meist hilflos und überfordert, wenn es darum geht, Trost zu spenden. Eine gute Anlaufstelle sind deshalb Selbsthilfegruppen, in denen sich Väter und Mütter, die ein Kind verloren haben, untereinander austauschen und stärken können. Ute S., deren Sohn gestorben ist, meint dazu: „Für uns verwaiste Eltern ist es unheimlich wichtig über unsere verstorbenen Kinder reden zu dürfen und zu können. […] weil wir nicht möchten, dass unser Kind - indem es tot geschwiegen wird - noch einmal stirbt.“
Die Adressen und Ansprechpartner von Selbsthilfegruppen für verwaiste Eltern in Nordrhein-Westfalen finden Sie – nach Postleitzahlen geordnet – unter http://www.verwaiste-eltern.com/32832/index.html Empfehlenswert ist auch die Internetseite des Bundesverbandes Verwaiste Eltern in Deutschland e.V. unter http://www.veid.de/. Der Verband ist ein Zusammenschluss betroffener Eltern und verfügt über ein Netzwerk von mindestens 400 Gruppen in ganz Deutschland, die ihr Ziel so definieren: "Durch das Leid hindurch, nicht am Leid vorbei, führt der Weg in neues Leben. In den Gruppen finden die Trauernden nach dem Tod des Kindes den schützenden Raum, in dem dieses Leid zugelassen werden darf - ohne Angst vor Bewertung oder gar Verurteilung, ohne Angst vor vordergründiger Vertröstung in Form oft gut gemeinter aber verletzender Ratschläge. Hier darf erinnert werden – immer wieder, bis der Schmerz der Erinnerung sich wandelt in einen kostbaren Schatz, der das Fundament für das Experiment Zukunft wird."
Das gilt auch für Eltern, deren Kind vor, während oder kurz nach der Geburt gestorben ist. Betroffene, die im Internet nach Begriffen wie „Schmetterlingskinder“ oder „Sternenkinder“ suchen, finden schnell Homepages oder Foren, über die sie Kontakt zu ebenfalls betroffenen Eltern aufnehmen können.
In jedem Fall bieten auch die Kirchen für verwaiste Eltern eine seelsorgerliche Begleitung an – sei es in persönlichen Gesprächen oder in gemeinsamen Trauerritualen. Die angebotenen Formen sind unterschiedlich. In Köln beispielsweise gibt es seit neun Jahren einen ökumenischen Gedenk-Gottesdienst für Eltern tot- und fehlgeborener Kinder. Der jüngste fand am 25.10.2014 in der Krypta der Kirche St. Maria im Kapitol (Kasinostraße) statt und stand unter dem Motto "Stark wie ein Baum". Mehr unter www.zu-frueh-gestorben.de
Auf dem evangelischen Friedhof Wuppertal-Vohwinkel wurde am 20. September 2003 eine zentrale Gedenk- und Trauerstätte für verwaiste Eltern seiner Bestimmung übergeben. Sie entstand auf Initiative von mehreren verwaisten Müttern und mit tatkräftiger Unterstützung von Pfarrerin Sylvia Wiederspahn. Die Gedenkstätte steht jederzeit allen Eltern offen, die – wann und aus welchen Gründen auch immer – ein Kind verloren haben: sei es vor, während oder kurz nach der Geburt, sei es durch Krankheit, Unfall, Verbrechen oder Selbstmord. Infos und Bilder der Gedenkstätte finden Sie unter http://www.trauerstaette.de/
Der 2. Sonntag im Dezember ist traditionell der weltweite Gedenktag für verwaiste Eltern – diesmal also am 14. Dezember 2014. An diesem Tag entzünden Väter und Mütter rund um den Globus um Punkt 19 Uhr Ortszeit eine Kerze, die ins Fenster gestellt wird und an das verstorbene Kind erinnert. So entsteht durch die verschiedenen Zeitzonen eine Lichterwelle, die für 24 Stunden die Welt umringt.