Vom Amt bestattet, aber nicht vergessen
Sonntag, 18.09.2022
Wenn ein Verstorbener keine Angehörigen (mehr) hat, diese nicht aufzufinden sind oder sich weigern, die Beerdigung zu organisieren, dann muss die zuständige Kommune eingreifen und eine „Bestattung von Amts wegen“ vornehmen. Ein Fall für´s Ordnungsamt.
Einem Bericht des STERN zufolge steigt die Zahl dieser sogenannten Ordnungsamtsbestattungen seit Jahren stetig an. So verzeichnete beispielsweise München im Jahr 2015 knapp 600 und Hamburg sogar fast 1.000 solcher Bestattungen. In kleineren Städten wie Aachen wurden zuletzt etwa 180 Verstorbene durch das Ordnungsamt unter die Erde gebracht. Aber auch hier geht die Tendenz nach oben.
In Deutschland hat jedes Bundesland ein eigenes Bestattungsgesetz, in dem u.a. geregelt ist, wie schnell ein Verstorbener zu beerdigen ist und welche Aufgaben auf die Angehörigen zukommen. So sind Eltern, Großeltern, Kinder, Geschwister, Nichten und Neffen in der Regel verpflichtet, sich um die Bestattung von Familienangehörigen zu kümmern und für die Kosten aufzukommen. Das gilt auch für die Kosten einer Ordnungsamtsbestattung, bei denen die Angehörigen erst später (nach der Beisetzung) ausfindig gemacht werden können. Wo das Geld nicht reicht, können Angehörige Unterstützung durch die Sozialämter beantragen.
Bestattungen durch das Ordnungsamt müssen sparsam gehalten werden. So kommen nur die günstigsten Särge zum Einsatz, auf Ausgaben für einen Trauerredner oder Blumenschmuck wird verzichtet. Trotzdem kostet eine Erdbestattung durch das Münchner Ordnungsamt 3.500 Euro, eine Kremierung mit anschließender Urnenbeisetzung schlägt mit 2.500 Euro zu Buche. Im Jahr 2015 kamen so in der bayrischen Landeshauptstadt Kosten von gut 1,5 Millionen Euro zusammen.
Aus Sicht des Verbands der Friedhofsverwalter Deutschlands e.V. gibt es allerdings – auch und gerade für die sogenannten Ordnungsamtsbestattungen - eine Untergrenze: „Der Staat hat die Würde des Verstorbenen zu achten und zu schützen“, schreibt der Verband und folgert daraus: „Bestimmte Mindeststandards, die für einen würdevollen Umgang mit dem Verstorbenen unverzichtbar sind, müssen folglich bei jeder Bestattung berücksichtigt werden.“ Dazu gehören u.a. ein angemessenes Grabzeichen und eine angemessene Grabpflege.
Auch den Kirchen liegt ein würdiger Umgang mit den Toten, die ohne Begleitung durch Angehörige zu Graben getragen wurden, am Herzen. Sie sprechen von „unbedacht Verstorbenen“ und sorgen auf verschiedene Weise dafür, das auch diesen Menschen gedacht und an sie erinnert werden kann. In Köln findet dazu schon seit vielen Jahren an jedem dritten Dienstag eines Monats ein ökumenischer Gedenkgottesdienst für die Unbedachten statt. In Aachen laden Stadt und Kirchen einmal im Jahr zu einer Gedenkfeier ein. Vorab wird zusätzlich auch eine Zeitungsanzeige mit den Namen der Verstorbenen veröffentlicht, so dass auch Nachbarn, Freunden und Bekannten, die bei der Bestattung nicht anwesend waren, die Möglichkeit gegeben wird, der Toten zu gedenken.
Im Talmud, einem der bedeutendsten Schriftwerke des Judentums, heißt es über den Umgang mit Verstorbenen: „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“ Dem fühlen sich auch Christen*innen verpflichtet.