Vorbild Krippe: Tipps gegen Weihnachtsstress

von Manfred Rütten & Markus Grieger

Sonntag, 24.12.2023

lebensgroße Krippe
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Das allererste Weihnachtsfest war alles andere als perfekt. Dieser Gedanke kann heute noch Vieles erleichtern. (Foto: Manfred Rütten)

Die Adventszeit 2023 ist die kürzeste, die kalendarisch überhaupt möglich ist. Sie beginnt mit dem 1. Advent am 3. Dezember und endet bereits nach 21 Tagen. Denn in diesem Jahr fallen Heiligabend und der 4. Advent zusammen auf denselben Sonntag.

Das sorgt – zumindest gefühlt – für noch mehr Hektik in der ohnehin schon stressigen Vorweihnachtszeit. Damit wenigstens der Heiligabend von Stress und Streit verschont bleibt, sollten die Erwartungen an das Fest nicht zu hoch gesetzt werden. Stefan Pydde, Paarberater bei der Diakonie Hannover, kritisiert: „Die Erwartungen sind mittlerweile wie prall gefüllte Geschenke, die sich so angehäuft haben, dass sie bis zur Decke gehen und man den Weihnachtsbaum dahinter - respektive die Krippe, das worum es eigentlich an Weihnachten geht - gar nicht mehr sehen kann.“

Dabei könnte genau dieser Blick schon viel Stress rausnehmen. Denn schließlich sei das allererste Weihnachtsfest ja auch alles andere als perfekt gewesen, meint Pydde und rät, sich an der biblischen Weihnachtsgeschichte zu orientieren: „Da ist etwas sehr Wundervolles geschehen, in einem sehr einfachen Rahmen. Nämlich dass Jesus im Stall zur Welt gekommen ist und dann in eine Krippe gebettet wurde. Ein Behältnis, in dem Futter für Tiere sich befindet, da wurde Jesus reingelegt.“

Um Streitereien in der Familie an Weihnachten zu vermeiden, kann es sich auch lohnen, einmal die eigenen Festtagstraditionen zu hinterfragen. Muss es an Heiligabend immer ein Drei-Gänge-Menü geben, oder reicht auch eine heiße Suppe? Wollen wir die Zahl der gegenseitigen Geschenke nicht vielleicht reduzieren? Und wie sieht es mit dem Dresscode zu Weihnachten aus? Traditionen, die früher einmal funktioniert haben, können heute als unpassend und einengend empfunden werden.

Werner Korsten, der frühere Leiter der Essener Telefonseelsorge, erklärt: "Die Bedingungen ändern sich, und auch wenn die Personen gleichgeblieben sind, dann ändern sich die Interessen. Und von daher ist für jedes Jahr neu zu gucken: Wie kann das dieses Jahr mit uns gehen?" Korsten empfiehlt deshalb, die Weihnachtsfeiertage regelrecht zu planen und miteinander zu besprechen. Am besten geschieht dies gemeinsam bei einer "Familienkonferenz". Ziel müsse sein, "miteinander zu besprechen, wie die Bedürfnisse jedes einzelnen sind und wie sie unter einen Hut zu kriegen sind".

Alleinstehende haben ein ganz anderes Problem, nämlich die Einsamkeit. Ihnen rät Werner Korsten, die Weihnachtstage nicht einfach auf sich zukommen zu lassen und passiv zu warten, was passiert. Sie sollten vielmehr versuchen, den Feiertagen eine Struktur zu geben: "Wenn ich allein bin, was kann ich tun, um den Tag zu gestalten? Koch ich mir was Schönes, geh ich vielleicht in den Gottesdienst, hör ich was Schönes am Radio oder les ein Buch, das ich mir vorher schenke? Oder bei Menschen von, denen ich auch weiß, dass sie alleinstehend sind, kann ich ja auch mal versuchen zu überlegen, ob ich die einladen möchte. Und als drittes gibt´s ja gerade an Heiligabend von etlichen Kirchengemeinden auch immer noch das Angebot für Alleinstehende, dass sie gemeinsam mit anderen in den Kirchengemeinden und Gemeindehäusern auch Weihnachten feiern".

Einen Plan zu haben, empfiehlt sich auch für geschiedene Paare mit Kindern. Die leiden oft unter der Situation – gerade an Weihnachten, DEM Familienfest schlechthin. Experten empfehlen geschiedenen Paaren deshalb, zum Wohle der Kinder gemeinsame, klare Absprachen zu treffen. Das kann beispielsweise bedeuten, dass die Kinder am Heiligabend bei der Mutter sind, den 1. und 2. Weihnachtstag dann aber beim Vater. Denkbar ist auch die Variante, das Fest in einem Jahr komplett mit der Mutter zu verbringen und im Jahr darauf beim Vater.

Leichter und verlässlicher werden solche Absprachen, wenn beide Elternteile bei den Gesprächen nicht ihre gescheiterte Beziehung in den Vordergrund stellen, sondern tatsächlich "bei der Sache" bleiben und das Kindswohl im Auge behalten. Dr. Juliane Arnold von der Evangelischen Beratungsstelle Köln erklärte in einem Interview mit unserer Redaktion PEP: "Am besten ist immer, wenn die Erwachsenen - obwohl sie sich nicht mehr lieben - es immer noch schaffen, sich als Eltern zu einigen und auch den anderen in seiner Elternrolle zu akzeptieren."

Wer im Gegenüber nicht zuerst seinen Ex-Partner sieht, sondern vor allem einen Elternteil der gemeinsamen Kinder, ändert seine Perspektive und kann an Weihnachten zum Beispiel zulassen, "dass die Kinder sich über die Geschenke des anderen Elternteils freuen dürfen. Dass man vielleicht sogar dazu in der Lage ist abzusprechen, wer schenkt den Kindern was. Dass die Kinder nicht zum Zankapfel werden“. Für frisch getrennte Paare ist das oft leichter gesagt als getan, denn persönliche Verletzungen und Enttäuschungen sind vielfach noch ganz nah. Hier können Beratungsstellen helfen, mit der neuen Situation umzugehen. Eine Übersicht von Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen finden Sie unter www.evangelische-beratung-nrw.de 

Und wenn es während der Feiertage doch zum gefürchteten Streit kommt, empfiehlt Dr. Juliane Arnold: "Ganz wichtig ist, Eskalationen nicht noch immer weiter zu befeuern. Wenn man merkt, jetzt zanken wir uns genauso wie wir uns die letzten drei Jahre gezankt haben, dann kann man sich auch mal ne Auszeit nehmen. Kann man mal sagen: ich zähle jetzt in Ruhe bis 10 oder ich renn mal eben um den Block, lass uns gleich noch einmal überlegen.“

Sonntag, 24.12.2023