Wandel fordert Familien immer wieder neu heraus
Sonntag, 15.05.2016
1993 erklärten die Vereinten Nationen den 15. Mai zum "Internationalen Tag der Familie". Ziel des Gedenktages war und ist es, die Bedeutung der Familie hervorzuheben und ihre vielfältigen Leistungen zu würdigen.
So geben Familien nicht nur Schutz, Geborgenheit und Sicherheit, sie leisten auch wertvolle Erziehungsarbeit, geben Werte und Traditionen weiter und gelten gemeinhin als Keimzellen der Gesellschaft. In allen Bevölkerungsschichten genießt sie deshalb hohes Ansehen. Laut einer repräsentativen Studie, die der Gesellschaftsforscher Horst Opaschowski im September 2014 vorstellte, ist die Familie für 88 Prozent aller Deutschen "das wichtigste im Leben". Das sehen auch Kinder so. Beim ebenfalls 2014 vorgestellten Kinderwertemonitor des UN-Kinderhilfswerks Unicef bezeichneten drei Viertel der befragten 6- bis 14jährigen die Familie als "total wichtig" (74%), dicht gefolgt von Freundschaft mit 73%.
Das Bild und die Rolle der Familie haben sich jedoch in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. Während die Biografien und Lebensabschnitte in den 1950er und 1960er Jahren noch klar strukturiert waren (Ausbildungsende, Berufseinstieg, Heirat, Kinder/Familiengründung), haben sich diese Zyklen im Laufe der Zeit stark verändert. Ausbildungsgänge dauern länger, entsprechend später liegt der Berufseinstieg, währenddessen wechseln sich Lebensphasen mit und ohne Partner ab, Heiraten werden aufgeschoben, ebenso der Kinderwunsch.
Der Trend zur Eheschließung etwa hat sich zwischen 1950 und 2006 halbiert: von 750.000 auf 374.000. Gleichzeitig stieg die Zahl der Scheidungen von 135.000 im Jahr 1950 auf 191.000 im Jahr 2006. Während in den 50er Jahren also nur etwa jede 6. Ehe geschieden wurde, war im Jahr 2006 fast jede zweite Ehe betroffen. Wo sich die gemeinsamen Wege von Mann und Frau trennen, entstehen wieder neue Familienformen: es gibt allein Erziehende, Patchwork- oder auch Regenbogen-Familien.
Damit steigen insgesamt auch die Herausforderungen für Familien. Mit den komplexer werdenden Familienstrukturen (z.B. Kinder aus verschiedenen Partnerschaften) wird es für sie immer schwieriger, den Bedürfnissen der einzelnen Familienmitglieder gerecht zu werden, meint der Familientherapeut Lothar Simon. Aus seiner Arbeit bei einer Beratungsstelle der evangelischen Kirche in Köln weiß er außerdem um das Problem, Familie und Beruf miteinander vereinbaren zu müssen. Das seien große Herausforderungen, "die auch dadurch noch erschwert werden, dass Familien heute sehr hohe Ansprüche an sich selbst stellen und sehr perfekt sein wollen, gut funktionieren wollen und da eben oft genug dran scheitern."
So weit muss es aber nicht kommen. Paare, Kinder und Jugendliche erhalten in den Beratungsstellen der beiden großen Kirchen kostenlose Hilfe. Auch Landschaftsverbände und Wohlfahrtsorganisationen wie die Arbeiterwohlfahrt sind auf diesem Gebiet aktiv. Über das Portal www.bke.de der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung finden Sie schnell eine Familienberatungsstelle in Ihrer Nähe