Wegen KiBiz: Kirchliche KiTas auf der Kippe
Sonntag, 29.12.2019
Am 29.11.2019 hat der NRW-Landtag eine Reform des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) beschlossen. Es sieht für die rund 10.000 KiTas ab dem 1. August 2020 jährlich 1,3 Milliarden Euro mehr vor. Die kirchlichen KiTa-Träger schlagen trotzdem Alarm.
Kernpunkt der Kritik ist, dass die Eigenbeteiligung der verschiedenen Kindergarten-Träger unterschiedlich stark abgesenkt wird. Während die kommunalen Träger statt bisher 21 Prozent künftig nur noch 12 Prozent der Kosten aus eigener Tasche zuschießen müssen und der Eigenanteil kleiner unabhängiger Träger von 9 auf 7,8 Prozent sinkt, reduziert sich die Belastung für die kirchlichen Träger lediglich von 12 auf 10,3 Prozent.
Nach den Worten des Theologischen Vizepräsidenten der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW), Ulf Schlüter, sehe das Gesetz damit einen Finanzierungsschlüssel vor, den die Kirchenkreise, Kirchengemeinden und Trägerverbünde auf Dauer nicht tragen könnten. Auch sei es verfassungsrechtlich bedenklich, dass die kirchlichen Träger einen höheren Eigenanteil leisten sollen, als andere unabhängige KiTa-Träger. Aus Schlüters Sicht müsste der Anteil für die kirchlichen Einrichtungen ebenfalls auf 7,8 Prozent gesenkt werden.
Gegenüber dem Evangelischen Pressedienst sagt Schlüter: "Wir möchten diese Einrichtungen mit Überzeugung und hoher Qualität weiter betreiben, können das aber nur, wenn uns ein Trägeranteil abverlangt wird, den wir auch tragen können. Und den jetzt vorgesehenen können wir nicht tragen." Im Gebiet der EKvW gibt es aktuell rund 900 evangelische Kindertageseinrichtungen, die rheinische Landeskirche betreibt in NRW gut 650. Insgesamt betreiben evangelische und katholische Träger in Nordrhein-Westfalen 3.689 der landesweit 10.065 Kitas.
Nach Angaben von NRW-Familienminister Joachim Stamp sind landesweit 624.647 Kinder in einer KiTa angemeldet. Mehr als ein Drittel von ihnen – nämlich über 220.000 Mädchen und Jungen – besuchten Stamp zufolge einen katholischen oder evangelischen Kindergarten. Deren Fortbestand ist nach Einschätzung der Kirchen trotz der jüngsten KiBiz-Reform vielfach gefährdet.
Gemäß den §§ 22 bis 25 des Achten Sozialgesetzbuches (SGB VIII) ist der Staat verpflichtet, für die Elementarbildung in Kindertagesstätten zu sorgen. Streng genommen müsste er also alle KiTas selbst betreiben und finanzieren. Aufgrund des Subsidiaritätsprinzips und im Sinne der Trägervielfalt ist der Staat jedoch gehalten, für den Betrieb von Kindertageseinrichtungen zunächst anerkannte Einrichtungen der freien Jugendhilfe – etwa auch der Kirche - vorzusehen.
Kirchliche KiTas helfen also bei der Realisierung des staatlichen Bildungsauftrags und erhalten dafür vom Staat Geld. Sie bekommen aber nicht die kompletten Personal-, Sach- und Betriebskosten erstattet, sondern übernehmen als Träger einen Eigenanteil, der je nach Bundesland bislang zwischen 10 und 17 Prozent der Gesamtkosten beträgt.
Ein Beispiel: Die Evangelische Kirche im Rheinland, deren Gebiet sich über Teile von NRW, Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland erstreckt, betreibt insgesamt 800 Kindertagesstätten. Diese bieten Platz für 47.000 Kinder und beschäftigen 6.700 Mitarbeitende. Der Eigenanteil zur Finanzierung der Kindergärten beläuft sich auf 60 Millionen Euro jährlich, die größtenteils aus Kirchensteuermitteln stammen (alle Zahlen Stand Juni 2013).