Welt-Linkshändertag: Auf der „falschen“ Seite?
Sonntag, 18.08.2024
Schätzungsweise 75% der Weltbevölkerung sind Rechtshänder, der Rest macht alles Wichtige mit Links. Bei Ihnen ist die rechte Hirnhälfte stärker ausgeprägt, sie gelten deshalb u.a als besonders kreativ.
Die Liste berühmter Linkshänder ist lang und scheint diese Einschätzung zu bestätigen, denn unter ihnen befinden sich zahlreiche Musiker, Maler, Schauspieler und Wissenschaftler. Zu den „musikalischen Linkshändern“ gehören zum Beispiel Mozart und Beethoven, aber auch „Nirwana“-Sänger Curt Cobain und Gitarrenlegende Jimi Hendrix. Picasso malte mit Links, ebenso der große Michelangelo, und auch berühmte Feldherren wie Cäsar und Napoleon waren Linkshänder. Unter den Wissenschaftlern und Erfindern mit einem Faible für die linke Hand finden wir Albert Einstein, Marie Curie, Leonardo da Vinci und den Apple-Gründer Steve Jobs.
Dass es überhaupt Rechts- und Linkshänder gibt, lässt sich am ehesten genetisch begründen. So liegt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Linkshänder-Paar ein linkshändiges Kind bekommt, bei 50 Prozent, während sie bei zwei Rechtshändern auf zwei Prozent schrumpft. Mehr Infos zu möglichen „Linkshänder-Genen“ kann man in einem Artikel des Bayrischen Rundfunks nachlesen. Übrigens: Zu welcher Seite ein Kind tendiert, zeigt sich schon im Mutterleib: Fast alle Ungeborenen, die am rechten Daumen nuckeln, entwickeln sich später zu Rechtshändern, „Linksnuckler“ meistens zu Linkshändern.
Für die drei großen Weltreligionen ist dagegen klar, welche Hand die „bessere“ und damit zu bevorzugen ist. So gilt zum Bespiel im Islam die linke Hand als „unrein“, u.a. weil sie für den Toilettengang benutzt wird. In muslimischen Ländern sollte man deshalb nicht mit der linken Hand essen und auch niemanden mit Links begrüßen. Was das Judentum über rechte und linke Hände denkt, lässt sich in einem Artikel der Zeitung „Jüdische Allgemeine“ nachlesen.
Dort heißt es u.a.: „An vielen weiteren Stellen, aber später auch im Islam, begegnet uns das Konzept, dass die rechte Seite im Alltag und in rituellen Handlungen zu bevorzugen ist. Diese zunächst ungewöhnlich anmutende Bevorzugung einer Körperhälfte findet sich bereits in der schriftlichen Tora, und zwar im Zusammenhang mit dem Tempeldienst und der Reinigung von Aussätzigen (Sewachim 24a und Jewamot 104a). In der Halacha, dem jüdischen Recht, wurde dieses Prinzip in der Folge auf vielfältige Bereiche übertragen: So muss der Lulav oder ein »Kos schel Bracha«, der Weinbecher, den man für bestimmte Segenssprüche in die Hand nimmt, stets mit rechts gehalten werden (Berachot 51ab). Und da der rechten Seite überall eine größere Ehre eingeräumt wird, ist es nachvollziehbar, weshalb die Körperreinigung auf der Toilette dagegen mit der Linken durchgeführt werden soll (Berachot 62a).“
Auf der Internetseite linkshaender-fakten.de beschäftigt sich ein Artikel mit der Bedeutung von rechts und links im Christentum. Unter anderem heißt es dort: „In der Bibel wird der Linkshändigkeit keine deutliche Abwertung oder Bevorzugung zugesprochen, die Seitensymbolik hat hingegen große Wichtigkeit. Die linke Seite wird negativ gewertet, die rechte positiv, was vor allem in der Kunst und der Architektur große Wichtigkeit zeigte.“
Das bestätigt auch der Rundfunk-Pfarrer Dejan Vilov: „Auf alten Zeichnungen oder Bildern ist es oft so, dass der Teufel das Entscheidende mit seiner linken Hand macht - also zum Beispiel hält er seine Teufelsgabel mit Links, oder wenn er die Hand nach einem Menschen ausstreckt, um sich den zu holen, dann tut er das auch oft mit Links. Und wenn es im christlichen Glaubensbekenntnis heißt, dass Jesus zur Rechten Gottes sitzt, dann drückt das aus, dass rechts die gute Seite ist, und die andere - nämlich links - muss dann die böse Seite sein.“
Offenbar haben Menschen früher daraus abgeleitet, dass Linkshänder womöglich böse oder doch zumindest wenig vertrauenswürdig sind. Ein Aberglaube, meint dazu Pfarrer Dejan Vilov: „Aber in vielen Redewendungen klingt das bis heute noch nach, dass links die schlechte Seite ist. Wenn z.B. jemand an einem Tag besonders viel Pech hat, dann sagt der Volksmund gerne: Der ist heute mit dem linken Bein aufgestanden. Das heißt: Da hat sich dieser Aberglaube, dass links die schlechte Seite ist, noch gehalten.“
Dieser Zusammenhang zeigt sich an manchen Stellen auch sprachlich. Das lateinische Wort „sinister“ bedeutet „links“ (zum Beispiel in der medizinischen Anatomie), hat aber als Adjektiv auch Bedeutungen wie „böse“ oder „linkisch“. Das daher abstammende französische Wort „sinistre“ kann je nach Zusammenhang „trostlos“, „unheimlich“, „unheilvoll“ oder „düster dreinblicken“ bedeuten. Ähnlich ist es auch im Italienischen: „die linke Hand“ wird übersetzt mit „mano sinistra“, das verwandte „sinistro“ bedeutet dagegen „finster“, „düster“ oder „unheimlich“.