Weltlachtag: Versteht das Christentum keinen Spaß?
Sonntag, 02.05.2021
Im Kinofilm „Der Name der Rose“ sagt der Benediktinermönch Jorge: „Das Lachen ist ein teuflischer Wind, der die Gesichtszüge auf das Unnatürlichste verzerrt und die Menschen wie wilde Affen aussehen lässt. (…) Christus hat nie gelacht!“ Stimmt das?
Einerseits gibt es im gesamten Neuen Testament tatsächlich keine einzige Stelle, in der ein Lachen Jesu überliefert wird. Und auch der Rest der Bibel tut sich mit dem Lachen schwer. Eine Suche nach „lachen“ ergibt für die gesamte Heilige Schrift gerade einmal 25 Treffer. Und viele davon stehen in einem eher negativen Umfeld im Sinne von „auslachen“ oder „verhöhnen“. Einer dieser Treffer im Buch der Prediger (Pred 7,3) behauptet sogar: „Kummer ist besser als Lachen, denn Traurigkeit reinigt den Menschen.“
Andererseits spricht die Theologie davon, dass Jesus wahrer Gott und wahrer Mensch gewesen sei und jemand, dem nichts Menschliches fremd war. In einer Bibelstelle wird er als „Fresser und Weinsäufer“ bezeichnet, aber er soll nie gelacht haben? In einem Interview mit dem Deutschlandfunk sagt der Religionswissenschaftler Harald-Alexander Korp dazu: „Neues Testament heißt: »die Frohe Botschaft«, aber ein Lachen wird nicht überliefert. Da kann man schon fragen, warum? Wurde es unterdrückt, nicht überliefert? Denn dass Jesus nicht gelacht haben soll, ist ja absurd.“
Tatsächlich wurde der Kanon der biblischen Bücher, wie wir ihn heute kennen, über Jahrhunderte entwickelt. Dabei haben die kirchlichen Instanzen etlichen Schriften wie zum Beispiel dem „Thomasevangelium“ die Aufnahme in die Bibel verweigert und sie verworfen. Religionswissenschaftler Korp erklärt dazu: „Interessanterweise gibt es einen Text, in dem von Jesu Lachen berichtet wird. Aber der ist nicht in der Bibel.“ Diese frühchristliche Schrift sei 1950 in Nag Hammadi (Ägypten) gefunden worden. „Da gab es die Apokalypse des Petrus, dort wird von einem Lachen Jesu gesprochen.“
In der Theologie, in der Kirche und wohl auch bei den Menschen dominierte viele Jahrhunderte die Angst vor der Verdammnis bzw. die Sehnsucht nach Erlösung. Über allem schwebte die Erlösungstat Jesu: Sein Leiden und Sterben am Kreuz, das keinen Platz ließ für Lachen und Späße. So betrachtet ist der christliche Glaube schon eine „ernste Angelegenheit“. Dennoch: Humor und Christentum schließen einander nicht aus. Bestes Beispiel dafür ist die seit dem Mittelalter bekannte Tradition des „Osterlachens“, bei dem Geistliche in den Gottesdiensten Witze und Anekdoten erzählen, um die Gemeinde zum Lachen zu bringen. Symbolisch steht dieses Lachen für die Freude über die Auferstehung Jesu, für den Sieg des Lebens über den Tod. Der Tod wird regelrecht ausgelacht.
Schaut man in die heutigen Gemeinden, findet sich hier inzwischen durchaus mehr Offenheit und Sinn für Humor. Nicht nur in Köln und anderen närrischen Hochburgen werden alljährlich Karnevalspredigten und -gottesdienste zelebriert – inklusive Verkleidung. Und schon länger bieten evangelische Bildungseinrichtungen für Theologen eine Weiterbildung zum Clown bzw. Clownin an. Mehr dazu zum Beispiel unter https://www.hna.de/lokales/hofgeismar/mehr-spassmacher-1320057.html und unter https://www.kirchenclownerie.de/