Wo alles begann: Osterfeier in Jerusalem
Sonntag, 05.04.2015
Karfreitag und Ostern in DER Stadt feiern zu können, in der sich Jesu Tod und Auferstehung zugetragen haben, ist für Ulrike Wohlrab immer noch ein Erlebnis. Seit acht Jahren ist sie Pfarrerin der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde in Jerusalem.
Ihr Dienstsitz liegt hoch über der Stadt auf dem Ölberg: Hier steht die evangelische Himmelfahrtkirche, die der deutsche Kaiser Wilhelm II vor 105 Jahren errichten ließ. Bis heute dient sie Pilgern, Touristen und ortsansässigen Gläubigen als Anlaufstelle und Begegnungsstätte. Am Ostersonntag feiert Ulrike Wohlrab in der Kirche und im Garten des angrenzenden Deutschen Evangelischen Instituts einen Frühgottesdienst "mit Ausblick auf das Tote Meer und die aufgehende Sonne über den jordanischen Bergen".
Wenig später geht es für die Pfarrerin hinunter in die Stadt und hinein in das Getümmel der Jerusalemer Altstadt. Hier steht die auf den Grundmauern der Kreuzfahrerkirche St. Maria Latina erbaute evangelische Erlöserkirche, in der Wohlrab um 10 Uhr mit der Evangelische Gemeinde Deutscher Sprache zu Jerusalem ebenfalls einen Ostergottesdienst feiert. Hier ist man der Passions- und Ostergeschichte besonders nah. Die berühmte Grabeskirche ist nicht weit entfernt, und an der Nordseite der Erlöserkirche verläuft das letzte Stück der Via Dolorosa - also der Weg, den Jesus zu seiner Kreuzigung beschritten haben soll.
Die Via Dolorosa endet an der Grabeskirche. Zur Zeit Jesu befanden sich sowohl die Hinrichtungsstätte Golgatha als auch das vermutete Grab Christi noch außerhalb der Stadtmauern. Doch zum Zeitpunkt der Einweihung der Grabeskirche am 13. September 335 war Jerusalem so gewachsen, dass beide Stätten in die Grabeskirche integriert werden konnten. Heute befinden sich sowohl das mutmaßliche Grab Jesu als auch die letzten Stationen des Kreuzwegs (Salbungsstein) und der Ort der Kreuzigung selbst innerhalb der Kirche.
Das macht die Grabeskirche zur bedeutendsten in ganz Jerusalem. Insgesamt sechs christliche Konfessionen teilen sich das Gebäude, das hauptsächlich von Angehörigen der römisch-katholischen Kirche, der griechisch-orthodoxen und der armenisch apostolischen Kirche verwaltet wird. "Mitbewohner" sind aber auch Kopten, Syrer und Äthiopier. Welche Konfession wann und wo welche Liturgie innerhalb der Grabeskirche feiern darf, ist minutiös in fast 2000 Vorschriften festgelegt. Trotzdem gibt es immer wieder Streit zwischen den Hütern des Gebäudes. Da ist es geradezu beruhigend zu wissen, dass keiner von ihnen den Schlüssel für den Haupteingang zur Kirche hat. Der befindet sich seit Jahrhunderten schon in der Hand einer muslimischen Familie, der Nusseibeh. Und ein Angehöriger der ebenfalls muslimischen Familie Joudeh schließt jeden Morgen und jeden Abend die Grabeskirche auf und ab.